STADE. Die Ankündigung der Stader Bädergesellschaft, das Solemio-Hallenbad während der Freibadsaison ab Mitte Mai zu schließen, stößt immer mehr auf Kritik. Nach den Sportvereinen meldet sich jetzt der Kinderschutzbund zu Wort.

Nahezu erbost zeigt sich Dr. Martin Gossler als Vorsitzender des Kinderschutzbundes im Landkreis Stade. „Es kann nicht sein, dass die Schwächsten unserer Gesellschaft wieder ausgeschlossen werden, indem sie zum Beispiel nicht schwimmen lernen können“, schreibt er dem TAGEBLATT. Und weiter: „Das grenzt für den Bereich, den ich vertrete, an Kindeswohlgefährdung.“

Auf Unverständnis stößt bei Gossler, dem ehemaligen Anästhesie-Chefarzt am Elbe Klinikum Stade, auch, dass zum Beispiel Rheumatiker oder anderweitig am Bewegungsapparat Erkrankte ihre therapeutischen Maßnahmen nicht mehr umsetzen könnten.

Gossler, selbst Frühschwimmer im Solemio, weist nicht ohne Stolz darauf hin, dass mit Geldern aus dem Secondhand-Laden „Kinderschatzkiste“ des Kinderschutzbundes im vergangenen Jahr 125 Kinder ihr Seepferchen ablegen konnten. „Das fällt in diesem Sommer alles flach“, schimpft er. Dass die Bäder damit 350.000 Euro an Kosten sparen, stimmt ihn nicht milde angesichts anderer hoher Ausgaben von städtischen Projekten. Gossler: „Dafür habe ich kein Verständnis.“

Die Fraktion der Linken im Rat der Stadt Stade spricht sich ebenfalls gegen die Schließung des Solemio-Hallenbades von Mitte Mai bis Mitte September aus. „Wir fordern die Mitglieder des Aufsichtsrates der Bädergesellschaft auf, ihre Vorgehensweise zu überdenken und rückgängig zu machen“, schreibt Ratsherr Alexander Klinger. Zudem müsse die „unsoziale Erhöhung der Eintrittspreise“ aus 2022 zurückgenommen werden. Ein „erheblicher Rückgang an Besuchern“ im Freibad sei Tatsache und dürfe nicht zur Normalität werden. (ing)

Hallenbad - Harsche Kritik an Planen zum Solemio

An den Schulen entspannt sich die Lage etwas

von DKSB

Seit 20 Jahren arbeitet Thomas Heitmann als Konrektor an der Montessorischule im Altländer Viertel in Stade. Nach dem Aufschrei im Ausschuss für Migration über die unhaltbaren Zustände durch zugewanderte Kinder haben Stadt und Schulamt reagiert.

Stadt und Landesschulbehörde haben auf schonungslosen Bericht der Schulleiter reagiert – Geschenk für die Montessorischule

Von Lars Strüning

STADE. Seit 20 Jahren arbeitet Thomas Heitmann als Konrektor an der Montessorischule im Altländer Viertel in Stade. Er hat schon viele Phasen miterlebt. Nach dem Aufschrei der Kindergarten- und Schulleitungen im Fachausschuss für Migration des Stader Rates über die zum Teil unhaltbaren Zustände durch zugewanderte Kinder haben Stadt und Schulamt reagiert. Heitmann stellt fest: „Es hat sich viel getan.“

Zuvor fühlten sich die Einrichtungen ziemlich alleingelassen, als viele Flüchtlingskinder, aber auch Söhne und Töchter von Familien, die aus EU-Ländern wie Rumänien, Bulgarien oder Polen nach Stade gekommen waren, vor den Türen von Kitas und Schulen standen – häufig ohne Sprachkenntnisse, ohne je eine Schule gesehen zu haben und teilweise auch traumatisiert durch schlimme Erfahrungen im Bürgerkrieg.

Erzieher und Pädagogen waren schlichtweg überfordert mit der Vielfalt an Problemen, die sich daraus ergaben. Ihr schonungsloser Bericht in der Ausschusssitzung im November 2017 und die darauffolgende Berichterstattung schlug Wellen.

Zuvor, so Heitmann, war es sehr ruhig geworden im Altländer Viertel. Sein Eindruck: Die Projekte aus der sozialen Stadtteilerneuerung, in die Millionen öffentlicher Gelder flossen, hätten gegriffen. Jetzt, nach dem verstärkten Zuzug, mussten die offiziellen Stellen wieder aktiv werden.

So bekam die Montessorischule zum Jahresbeginn eine zweite Sozialpädagogen-Stelle genehmigt. Heitmann: „Das ist schon etwas Besonderes, dass überhaupt eine Sozialpädagogin an einer Grundschule arbeitet.“ Die Doppelbesetzung ist der besonderen Lage der Einrichtung geschuldet. Kinder aus 20 verschiedenen Nationen werden hier nach der speziellen Montessori-Pädagogik unterrichtet. Gut 200 Kinder gehen hier zur Schule, inklusive der Vorstufe. 176 von ihnen haben nicht-deutsche Eltern. „Wegen der Herkunft haben wir eigentlich keine Probleme“, sagt Heitmann. Im Religionsunterricht versucht die Schule, allen Kindern gerecht zu werden. Sie könnten für sie neue Religionen kennenlernen. In der Mensa gibt es kein Schweinefleisch.

Für Entlastung sorgt auch eine Mitarbeiterin bei der Stadtverwaltung, die sich um die Bürokratie rund um die ausländischen Kinder kümmert wie Anmeldungen oder Essenabrechnungen. Ein runder Tisch mit allen Stader Grundschulen klärt die gerechtere Verteilung der ausländischen Schüler. Das habe, so Heitmann, zu einer deutlichen Entspannung geführt. Für den Unterricht konnten zwei speziell geschulte Kräfte gewonnen werden, die das Fach „Deutsch als Zweitsprache“ lehren. Bei Elterngesprächen gibt es jetzt die Möglichkeit, einen Dolmetscher per Video einzuschalten.

Die Stadt bekräftigt die Aussagen Heitmanns. Für die ebenfalls stark betroffene Hauptschule Thuner Straße wird demnächst eine Pausenaufsicht eingestellt. Bei allen Dienstbesprechungen sitzen jetzt Ausländerbehörde, Polizei, Gesundheitsamt, Landesschulbehörde sowie Schulen und Stadt mit am Tisch. An Kindergärten liegen mehrsprachige Informationszettel aus, auch mit Piktogrammen für Analphabeten unter den Eltern. Speziell für den betreich Altländer Viertel soll nach den Sommerferien ein zusätzliches Nachmittagsangebot im Kindergarten vorgehalten werden.

Nicht nur die offiziellen Stellen helfen. In Stade haben sich der Lionsclub Aurora von Königsmarck, der Kinderschutzbund und die Pankratius-Brüderschaft zusammengetan, um der Schule besondere Würfel im Wert von 2800 Euro zu spendieren. Die sind bereits regelmäßig im Einsatz, um die Psycho-Motorik der Kinder zu schulen. Sie bauen daraus Burgen und Wälle, schlüpfen in die Rolle von Piraten und Vampiren, toben, werden im Team kreativ, und reden über alle ethnischen und religiösen Grenzen hinweg miteinander. Das soll die sozialen Kompetenzen stärken und die Sprache fördern. Lieblingsbauwerk der Kinder sind übrigens Schutzmauern.

Stader Tageblatt         18.04.2018


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